Als Teenager wünscht sich Anne-Sophie Morand, genau wie viele andere Mädchen, nichts sehnlicher als ein berühmtes Model zu werden so wie Heidi Klum, die mit "Germany's Next Topmodels" regelmäßig die schönsten Mädchen des Landes sucht.
Mit siebzehn Jahren geht ihr Traum dann tatsächlich in Erfüllung und sie beginnt, für Modegrößen wie Karl Lagerfeld und Jean Paul Gautier zu arbeiten. Doch nie hätte sie damit gerechnet, wie grausam das Business wirklich ist.

Mehr Schein als Sein
In ihrer Autobiographie Fashion Victim - Licht und Schatten des Modelbusiness berichtet das ehemalige Topmodel, dass sich hinter der Scheinwelt des Modelseins vor allem "Magerwahn, finanzielle Ausbeutung, Konkurrenzdruck und sexuelle Belästigung" verbergen.
Das Business ist knallhart und geltende Schönheitsstandards werden brutal durchgesetzt. Zur Not mit Hungern und Drogen. Setzt ein Unternehmen Curvy-Models ein, dient dies Anne-Sophie zufolge lediglich zu Marketingzwecken. Auch in der Schauspielwelt herrscht dieses Problem weiterhin - so hungert sich Sophie Turner beispielsweise ebenso krank. Die Modeindustrie hat sich in Wirklichkeit kaum gebessert:
Unter 30 Models sind zwei etwas runder. Da heißt es dann gleich: 'Boah, das ist aber eine riesige Chance für die Modeindustrie.' Doch in Wahrheit ändert sich nichts.
Hilflosigkeit gegenüber dem Druck des Business
Ohne etwas anrichten zu können, muss Anne-Sophies Familie damals dabei zusehen, wie sich das Mädchen bei einer Größe von 181 Zentimeter auf 53 Kilo herunterhungert. Doch die Bedingungen der Modeindustrie sind knallhart und die Schönheitsideale im Kopf der jungen Frau fest verankert.
Heute trägt Anne-Sophie Kleidergröße 38, doch zwischendurch wird sie immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt, wenn sie ihren Körper der Modelzeit betrachtet:
Natürlich fühle ich mich manchmal schlecht, wenn ich Bilder von früher sehe. Es dauert eben. Zehn Jahre verzerrte Selbstwahrnehmung heilen nicht in wenigen Monaten.
Schäden, die womöglich niemals heilen
Und neben dem unbeschreiblichen Leistungsdruck, der emotionalen Belastung und den tagtäglichen Erniedrigungen, wird vor allem ihr Körper in Mitleidenschaft gezogen. 6-Jahre lang bekommt Anne-Sophie ihre Periode nicht. Mit einem BMI von 16 ist sie ganz eindeutig untergewichtig und hat laut ihrer Frauenärztin den Östrogenwert einer 50-Jährigen.
Doch eine gesunde Lebensweise oder Ernährung lassen sich mit dem Modelberuf nicht vereinbaren. Teilweise nimmt sie pro Tag nicht mehr als einen Cappuccino zu sich, wenn sie einmal sündigt, wird sie von ihrer Personaltrainerin zur Sau gemacht, ein Privatleben gibt es nicht. Heute erinnert sie sich daran, wie schlecht es ihr damals wirklich ging:
Ich bereiste zwar den Globus, war aber zu schwach, um die Städte zu besichtigen, in denen ich arbeitete. Stattdessen lag ich im Hotelzimmer, habe geschlafen oder geheult.
Mit gutem Vorbild voran
Mit etwas Abstand von dem Modelbusiness kritisiert die 29-Jährige heute, dass die Medien und Fernsehshows wie Germany’s Next Topmodel die Modewelt verzerrt darstellen. Niemand spricht über die Kehrseite der Medaille.
Heute ist Anne-Sophie Ernährungsberaterin und versucht, über das Modelsein aufzuklären, denn Modeln entspricht keineswegs dem Traumjob, für den ihn viele junge Mädchen halten.