Katharine Hepburn: So bewegend war das Leben der Ausnahmeschauspielerin

Keine Schauspielerin gewann mehr Oscars als sie: Vor 20 Jahren starb mit Katharine Hepburn einer der größten Stars aller Zeiten. Doch nicht nur ihre einzigartige Karriere bleibt unvergessen, sie führte auch die bis heute vielleicht heimlichste Liebe Hollywoods.

Katharine Hepburn: So bewegend war das Leben der Ausnahmeschauspielerin
© imago/Cinema Publishers Collection
Katharine Hepburn: So bewegend war das Leben der Ausnahmeschauspielerin

Mit vier Oscars - das Einzige, was in Hollywood für alle Zeiten zählt - ist sie die bis heute erfolgreichste Schauspielerin: Katharine die Große. Am 29. Juni jährt sich der Todestag von Katharine Houghton Hepburn (1907-2003) zum 20. Mal. Das Leben dieser Hollywood-Legende mutet selbst noch so lange nach ihrem Tod wie ein abendfüllender, faszinierender Film an.

Vom Broadway nach Hollywood

Dabei gestaltet sich der Beginn ihrer Schauspielkarriere wirklich schwer. Nach einem (abgeschlossenen) Studium der Philosophie und Geschichte setzt sie bei ihrem wenig begeisterten Vater ihren Wunsch durch, Schauspielerin zu werden. Doch Katharine spricht zu schnell, verhaspelt sich oft und ist stellenweise kaum zu verstehen. Das bessert sich nach einem intensiven Sprech- und Tanzunterricht. Bereits 1928 kann sie am Broadway größere Theaterrollen ergattern. Schließlich wird Hollywood auf die gertenschlanke junge Frau mit dem klassischen Gesichtsprofil aufmerksam.

Katharine Hepburn kommt nicht als schüchterne junge Frau von der kühlen Ostküste an die Westküste nach Kalifornien. Bereits am Theater in New York war "die Zarin", wie Kolleginnen und Kollegen sie nannten, mit ihrer scharfen Zunge und ihrem herrischen Auftreten aufgefallen.  Die Schauspielerin Lucille Ball (1911-1989) sagte über die junge Hepburn: "Sie war niemandem gegenüber wirklich überheblich. Sie ignorierte alle gleichermaßen."

In Hollywood, dem wichtigsten Schauspieler-Zentrum der Welt, gibt sie ihr egozentrisches Motto aus: " Wenn man immer nur tut, wozu man Lust hat, ist wenigstens ein Mensch auf der Welt glücklich." Bereits mit ihrem dritten Kinofilm "Morgenrot des Ruhms" (1933) erreicht sie höchsten Ruhm: den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Doch dann wird es still.

Vom Kassengift zum größten Star aller Zeiten

Die emanzipierte Katharine, die so überzeugend wie hinreißend intelligente und eigenwillige Frauen auf der Leinwand verkörpert, gilt als "Kassengift". Sogar die Komödie "Leoparden küsst man nicht" (1938) mit Cary Grant (1904-1986) als Partner, heute ein großer Filmklassiker, floppt. Und auf ihren herrischen Wunsch, sie sei die geborene Scarlett O'Hara in "Vom Wínde verweht" (1939) soll Produzent David O. Selznick (1902-1965) gekontert haben, er könne sich nicht vorstellen, dass Clark Gable (1901-1960) zehn Jahre lang Jagd auf sie machen würde.

Katharine Hepburn kauft sich daraufhin aus ihrem Vertrag mit dem Filmstudio RKO frei und geht zurück an den Broadway. Dort hat sie auf Anhieb als unnahbare High-Society-Dame Tracy Lord in der Komödie "The Philadelphia Story" einen Granatenerfolg. Hepburn sichert sich die Filmrechte, verkauft sie an das führende Hollywoodstudio MGM und diktiert ihre Bedingungen: die Hauptrolle für sie, Regie führt ihr Lieblingsregisseur George Cukor (1899-1983), ihre Co-Stars Cary Grant und James Stewart (1908-1997). Der Film "Die Nacht vor der Hochzeit" (1940) wird einer der größten finanziellen Erfolge Hollywoods. Von da an hat sie weitgehend freie Hand in Hollywood.

Katharine wird der große weibliche Star, doch nicht zum Sexsymbol. Keine Diva, sondern eine Könnerin, ein echter Star, vermutlich der größte aller Zeiten. Sie ist rebellisch, geistreich, sehr schlagfertig - und verachtet die in Hollywood übliche Mode der weiblichen Reize. Sie hasst Röcke, die sie "Arbeitskleidung" nennt und trägt am liebsten Hosen. Als sie die populäre US-Journalistin Barbara Walters (1929-2022) mal provozierend fragt, ob sie überhaupt einen Rock besäße, antwortet sie, dass sie durchaus einen habe, den werde sie zu Walters' Beerdigung tragen ...

Mit Spencer Tracy führt sie die heimlichste Liebe Hollywoods

Affären hat die Hepburn, nicht verwandt und verschwägert mit dem anderen großen Hollywood-Star, der elfenhaften Audrey Hepburn (1929-1993), kaum, zumindest sind keine bekannt. Ihre Ehe mit dem Börsenmakler Ludlow Ogden Smith (1899-1979), den sie während ihres Studiums kennengelernt hatte, wird 1934 nach sechs Jahren geschieden. Danach ist sie mehrere Jahre mit dem exzentrischen Luftfahrtpionier, Unternehmer und Filmproduzenten Howard Hughes (1905-1976) zusammen. Auf eine eigene Familie verzichtet sie zeitlebens, gemäß ihrem Motto: "Nur wenn eine Frau sich entscheidet, keine Kinder zu haben, kann sie wie ein Mann leben. Genau das habe ich getan."

Im Alltag läuft sie ungeschminkt und in Jeans herum. Glamour und Starrummel sind ihr zuwider, selbst Restaurantbesuche mag sie nicht. So gelingt es ihr, aus ihrem Privatleben, das es durchaus gibt, ein gut behütetes Geheimnis zu machen. 1941 setzt sie bei dem Film "Die Frau, von der man spricht" Spencer Tracy (1900-1967) für die männliche Hauptrolle durch. Der ist damals zwar nicht der Allerschönste in Hollywood, sondern eher der Typ "knorriger Alter", gilt aber als genialer Schauspieler, ein ebenbürtiger Partner. Bei den Dreharbeiten werden die beiden ein Paar.

Es ist ein weiteres faszinierendes Geheimnis, dass diese Beziehung im klatschsüchtigen Hollywood zwar bekannt, aber nicht publik wird. Spencer Tracy und Katharine Hepburn drehen zusammen acht weitere Filme und bleiben insgesamt 26 Jahre im Geheimen zusammen. Es gibt keine gemeinsamen Privatfotos, nie haben sie eine gemeinsame Wohnung, auf Reisen nehmen sie getrennte Hotelzimmer, in der Öffentlichkeit treten sie nie zusammen auf.

Der Grund für diese Heimlichkeit: Spencer Tracy ist bereits verheiratet - und gläubiger Katholik. Er lebt offiziell mit seiner Frau, der Theaterschauspielerin Louise Treadwell (1896-1983), und zwei Kindern zusammen, eine Scheidung kommt für ihn nicht in Frage.

Katharine Hepburn stellt ihre Karriere zurück

Katharine Hepburn sagt später: "Ich liebte Spencer Tracy. Nur seine Interessen und Bedürfnisse zählten. Das war nicht so einfach für mich, weil ich eine entschiedene Egozentrikerin war." Erst wesentlich später erklärt sie: "Männer und Frauen passen nicht wirklich zueinander. Sie sollten nur nebeneinander wohnen und sich ab und zu besuchen."

Dieses Zusammenleben auf Distanz ist alles andere als einfach. Tracy ist schwer alkoholsüchtig und wird zunehmend kränker. Die Hepburn stellt für fünf Jahre ihre eigene Karriere zurück, um ihren Lebensgefährten zu pflegen und zu betreuen.

17 Tage nach den Dreharbeiten zu "Rate mal, wer zum Essen kommt?" (1967) stirbt Tracy am 10. Juni 1967 im Alter von 67 Jahren an Herzversagen. Nach seinem Tod spricht Katharine Hepburn zum ersten Mal mit seiner Witwe, erscheint aber auf Rücksicht auf die Ehefrau nicht zur Beerdigung des Geliebten. Einige Monate später erhält sie für ihre weibliche Hauptrolle in diesem letzten gemeinsamen Film ihren zweiten Oscar.

Eine Ikone des anderen Hollywoods

Im Jahr darauf folgt der dritte Oscar für ihre grandiose Rolle als mittelalterliche Königin Eleonore von Aquitanien in "Der Löwe im Winter" (1968). Den vierten gewinnt sie 1981 als 73-Jährige mit dem wunderbaren Alters-Melodram "Am goldenen See" an der Seite von Henry Fonda (1905-1982).

Katharine Hepburn ist zur Ikone des anderen Hollywoods geworden, nicht des lauten und schrillen, sondern des leisen, einfühlsamen und intelligenten, gleichermaßen beliebt und geachtet bei Publikum und Kritik. Sie stirbt am 29. Juni 2003 mit 96 Jahren an einem Krebsleiden. An ihrem Todestag wird in New York der gesamte Broadway für eine Minute komplett verdunkelt. Ihr Stern leuchtet bis heute. 

John Bailey: Hollywood trauert um "Murmeltier"-Kameramann und Oscar-Präsident John Bailey: Hollywood trauert um "Murmeltier"-Kameramann und Oscar-Präsident