Die Fielmann-Story: So schuf der Visionär sein Brillen-Imperium

Mit dem Tod von Günther Fielmann verliert Deutschland einen seiner größten Unternehmer, dessen Einfluss weit über seine Branche hinausging. So schaffte er den Aufstieg vom kleinen Optiker aus Cuxhaven zum europäischen Brillen-Giganten.

Die Fielmann-Story: So schuf der Visionär sein Brillen-Imperium
© Fielmann Group
Die Fielmann-Story: So schuf der Visionär sein Brillen-Imperium

"Berate jeden Kunden so, wie Du selbst beraten werden möchtest." Dieser einfache, aber kraftvolle Grundsatz war der Schlüssel zum Erfolg von Günther Fielmann. Jetzt ist die Unternehmerpersönlichkeit im Alter von 84 Jahren friedlich im Kreise seiner Familie verstorben. Günther Fielmann revolutionierte nicht nur die augenoptische Branche in Deutschland, sondern prägte auch maßgeblich die Brillenmode und die Versorgung. Sein Erfolgsrezept basierte auf seiner kundenorientierten Philosophie: Fielmann wurde zu einem Synonym für Mode, Qualität und faire Preise.

Die Zahlen sprechen für sich: Neun von zehn Bundesbürgern kennen Fielmann, und jede zweite in Deutschland verkaufte Brille stammt von seinem Unternehmen. Als Fielmann Senior 2019 im Alter von 80 Jahren die Unternehmensführung an seinen Sohn Marc (34) übergab, hinterließ er ein florierendes Imperium, das mittlerweile mehr als 23.000 Mitarbeitern beschäftigt und über 1.000 Niederlassungen weltweit sein Eigen nennt. Sein Einsatz für erschwingliche und modische Brillen für alle Bevölkerungsschichten beendete die Zeit der stigmatisierenden "Kassenbrillen".

Neben seinem unternehmerischen Geist war Fielmann auch für sein soziales und ökologisches Engagement überregional bekannt. So verankerte er den Naturschutz fest in der Unternehmenskultur der Fielmann-Gruppe und setzte sich persönlich für die Pflanzung von Bäumen ein. Sein Engagement gipfelte im Anbau des millionsten Baumes im Jahr 2009, ein Meilenstein, den er gemeinsam mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (69) feierte. Bis zu seinem Tod hat der gelernte Optiker 1,7 Millionen Bäume und Sträucher gestiftet.

Günther Fielmann wollte eigentlich Fotograf werden

Günther Fielmann wurde 1939 in Stafstedt in Schleswig-Holstein geboren und entwickelte schon früh eine tiefe Verbundenheit zur Natur, beeinflusst durch Spaziergänge mit seiner Mutter Luise. Ursprünglich strebte er eine Karriere als Fotograf an, doch auf Rat seines Vaters, Dr. Wilhelm Fielmann, absolvierte er eine Ausbildung zum Augenoptiker, die er mit Auszeichnung abschloss.

Nach seiner Gesellenzeit und weiteren Erfahrungen in der Industrie, unter anderem bei Essilor und Bausch + Lomb, eröffnete er 1972 sein erstes Fachgeschäft in Cuxhaven. Er brach mit der traditionellen Praxis, indem er Brillen offen in seinem Laden präsentierte und faire Preise anbot, was ihm rasch Erfolg und die Eröffnung weiterer Filialen einbrachte.

Sein Durchbruch kam mit der Neugestaltung der sogenannten "Kassenbrille". 1981 fertigte er 90 modische Fassungen in 640 Material- und Farbvarianten für die AOK und revolutionierte damit den Markt. Die anderen Krankenkassen zogen schnell nach. Mit der Expansion seines Unternehmens und innovativen Serviceleistungen wie der Zufriedenheits- und Geld-zurück-Garantie prägte er fortan eine neue Unternehmenskultur: "Wenn ich meine Kunden fair bediene und ihnen nicht das Geld aus der Tasche ziehe, dann werden sie auch mich fair behandeln. Vertrauen gegen Vertrauen."

1994 brachte Günther Fielmann sein Unternehmen an die Börse

Im Jahr 1994 ging Fielmann an die Börse, wobei seine "Volksaktie" sich als äußerst erfolgreich erwies und das Unternehmen dadurch seine Expansion in andere Länder beschleunigen konnte. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Fielmann-Brillen baute das Unternehmen im Jahr 2000 einen großen Produktions- und Logistikstandort in Rathenow, an dem heute über 1.000 Mitarbeiter jährlich Millionen von Brillengläsern fertigen und versenden. 2019 zog sich Fielmann letztendlich aus der Vorstandstätigkeit zurück und übergab das Unternehmen in die Hände seines Sohnes. Sein Lebensmotto fasste er in die Worte: "Ich bin über meine Träume hinausgewachsen."

Der verstorbene Politiker Heiner Geißler (1930-2017) bezeichnete ihn einst als "Hoffnungsträger für eine humane Wirtschaftsordnung". Der Unternehmer selbst sah sein Wirken jedoch bescheidener: "Es ist gut, wenn ich etwas von dem zurückgeben kann, was ich durch die Gemeinschaft empfangen habe."

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