Anna Schudt mahnt, "dieselben Fehler nicht nochmal zu machen"

Anna Schudt ist wieder Teil der vierten Staffel "Das Boot". Warum Filme und Serien über die deutsche Geschichte immer weiter gedreht werden sollten, erklärt die Schauspielerin im Interview.

Anna Schudt mahnt, "dieselben Fehler nicht nochmal zu machen"
© © Sky Studios/Bavaria Fiction/Stanislav Honzík
Anna Schudt mahnt, "dieselben Fehler nicht nochmal zu machen"

Die vierte Staffel der preisgekrönten Sky-Serie "Das Boot" (seit 2018), die im Kriegsjahr 1943 spielt, ist ab dem heutigen Samstag (23. September) abrufbar. In den sechs neuen Episoden ist Anna Schudt (49, Ex-"Tatort"-Star) wieder als opportunistische SS-Goldschmugglerin Bettina Gruber zu sehen. Was sie davon hält, dass die volle Brutalität in Kriegszeiten 80 Jahre danach immer noch in neuen Filmen und Serien gezeigt wird, erklärt die Schauspielerin im Interview mit spot on news. Dabei hat sie auch verraten, was sie von den Dreharbeiten nicht so schnell vergessen wird.

Haben Sie den Originalfilm "Das Boot" (1981) gesehen?

Anna Schudt: Da die Serie ja etwas vollkommen Eigenständiges ist, habe ich ihn nicht zur Vorbereitung angeschaut. Hinzu kommt, dass meine Geschichte in der vierten Staffel ja eine Landgeschichte ist, in der die U-Boot-Storyline keine Rolle spielt. Meine Figur hat eine eigene Auffassung, wie sie den Krieg für sich nutzt. Dabei geht es ihr nicht so sehr ums Erobern von Ländern, eigentlich geht es ihr überhaupt nicht um den Weltkrieg, sondern nur um ihren eigenen Vorteil.

Die Serie "Das Boot" zeigt die Schrecken und Gräueltaten eines vergangenen Krieges. Warum ist das heute dennoch relevant?

Schudt: Die Vergangenheit prägt uns bis heute, darum sollten immer noch Filme und Serien über den Ersten Weltkrieg, den Zweiten Weltkrieg und generell über die deutsche Geschichte gedreht werden. Vieles davon ist in der Generation meiner Großeltern passiert und damit noch gar nicht so lange her. Die nächste Generation hat sich davon zwar ein bisschen gelöst, dennoch ist alles durch unsere Erziehung und die Umgangsformen in uns noch präsent. Nicht umsonst gibt es so viele Bücher über transgenerationale Traumata.

Diese Themen sollten uns auch nach wie vor beschäftigen: Erstens, damit wir daraus lernen; das Zurückschauen kann helfen, dieselben Fehler nicht nochmal zu machen. Und zweitens, damit wir uns von dieser Geschichte befreien, ohne zu vergessen.

Was hat Sie an der Figur der SS-Goldschmugglerin Bettina Gruber gereizt?

Schudt: Ich fand sie als Frauenfigur in diesem Genre tatsächlich herausragend. Denn wie viele Frauenfiguren gibt es da? Wie viele Frauenfiguren in meinem Alter gibt es überhaupt? Das ist an einer Hand abzuzählen. Meistens gibt es nur eine einzige, die man überhaupt spielen könnte. Und wenn die dann auch noch so interessant ist wie Bettina in "Das Boot" hier, dann greife ich natürlich gerne zu.

Die Rolle ist nicht ganz groß, fällt aber trotzdem auf. Wie erklären Sie sich das?

Schudt: Für mich geht es nicht immer nur um die Quantität der Rolle. Es ist natürlich schön, wenn man sehr viel erzählen kann. Diesmal ist meine Figur keine, die den Handlungsverlauf anschiebt. Das ist für mich aber völlig egal, weil ich mich mit jeder Rolle gleich beschäftige, egal ob sie 30 Drehtage hat oder 10. Ich muss sie trotzdem verstehen - und in diesem Fall hat es sehr, sehr großen Spaß gemacht.

Ihre Figur könnte auch in einer fünften Staffel eine Rolle spielen, weil sie ja neue Themenbereiche eröffnet...

Schudt: Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung.

Was werden Sie von den Dreharbeiten nicht so schnell vergessen?

Schudt: Was ich von diesen Dreharbeiten ganz sicher nicht vergessen werde, sind die Räumlichkeiten und die unglaubliche Ausstattung, mit denen wir als Schauspielerinnen und Schauspieler geradezu in diese vergangene Zeit hineinkatapultiert wurden. Die Größe und Macht, die diese Gebäude ausstrahlen, und wenn dann alle noch in ihren Kostümen in der detailgetreuen Innenausstattung herumgelaufen sind, hat es einen sofort in eine andere Zeit gebeamt. Das ging mir wirklich ins Blut und habe ich so auch noch nicht oft erlebt.

Ebenfalls nicht vergessen werde ich das viele Rauchen, beispielsweise in der Kino-Szene. Dass alle qualmen wie die Wahnsinnigen, war früher tatsächlich noch so, daran kann sogar ich mich noch erinnern, heute kennt man das zum Glück nicht mehr. (lacht)

Wie waren die Dreharbeiten in den beengten Vorräumen des Gefängnisses?

Schudt: Das war anstrengend, weil so viele Leute vom ganzen Drehteam mit in diese kleinen Räumlichkeiten mussten. Dadurch verliert es allerdings auch seinen Schrecken, weil überall Kabel liegen und Menschen in T-Shirts oder Lampen dastehen. Da kommt keine zu große Folterassoziation auf.

Welches Souvenir haben Sie von den Dreharbeiten mitgenommen?

Schudt: Früher habe ich den Produktionen Kleidungsstücke abgekauft, dann aber irgendwann festgestellt, dass ich keines trage, weil die Kleidungsstücke einfach zu der Figur gehören. Und weil ich das Anhäufen von Dingen nicht mag, habe ich damit aufgehört. Vom "Das Boot"-Set habe ich sehr viele Fotos in meinem Handy mitgenommen, die ich auch immer wieder gerne ansehe. Das beste Souvenir ist aber ohnehin immer der Film selbst.

Sie haben die vierte Staffel schon gesehen. Wie lautet Ihr Fazit?

Schudt: Die vierte Staffel ist wirklich sehr spannend. Sie hat mich aber auch wegen eines anderen Themas beschäftigt, wegen dieser vielen jungen Männer, die "Kanalratten" genannt wurden. Und gegen Ende des Krieges war alles, was sie an männlichem Menschenmaterial eingezogen haben, sogar nochmal jünger. Ich weiß noch, wie meine Großtanten einmal gesagt haben: "Wir hätten schon gerne geheiratet, aber es gab ja keine Männer mehr." Das hat mich damals schon beschäftigt, weil ich mir das nicht vorstellen konnte.

Und das in dieser Staffel nochmal so verdeutlicht zu bekommen, dass es nur noch um Kanonenfutter ging - egal welche Qualifikation -, hat mich schon geschockt. Krieg ist von Anfang bis Ende grausam, aber das war schon besonders bitter für die ganze Generation.

Zum Schluss noch ein gewaltiger Spagat von Krieg und Tod in früheren Zeiten hin zum prallen Leben dieser Tage: Die Serie startet am Wochenende mitten in der Oktoberfest-Zeit. Interessiert Sie das größte Volksfest der Welt?

Schudt: Ich habe 20 Jahre lang in München gewohnt und bin jeden Dienstagvormittag zum Familientag auf die Wiesn gegangen. Ansonsten war ich einmal in einem Bierzelt. Den generellen Ausnahmezustand zur Wiesn-Zeit in München kenne ich natürlich auch. Den fand ich immer wahnsinnig witzig, wenn die ganzen Leute in Dirndl und Lederhose herumlaufen, die sonst in ihrem Leben vermutlich noch nie eine Tracht getragen haben. Ich find's lustig, aber ich fahre nicht hin, miete mich ein und gehe literweise Bier trinken. Das dürfen andere machen.

Und worauf dürfen sich Ihre Fans als nächstes freuen?

Schudt: Ich habe die Serie "Push" gedreht, in der ich eine Hebamme spiele - und damit am anderen Ende des Fadens stehe, weil es um Geburten und nicht wie im "Boot" um den Tod geht. Und was auch wahnsinnig schön geworden ist, ist der Kinderfilm "Spuk unterm Riesenrad". Das ist eine Adaption einer alten DDR-Serie. Darin spiele ich die Hexe, die zum Leben erwacht.

"Das Boot", Staffel vier, sowie alle vorherigen Staffeln sind ab 23. September exklusiv bei Sky und dem Streamingdienst Wow zu sehen.

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